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Mut und Geduld

Möglicherweise befindest du dich auch an einem Punkt an dem du mit deinem Latein am Ende bist. Wie gesagt, mein Weg hat mit einem Burnout und später der Diagnose CFS begonnen. Wie die meisten hab ich lange Zeit meinen Fokus darauf gerichtet, welche Möglichkeiten es geben könnte, damit ich da wieder raus komme. Rückblickend gibt es darüber hinaus aber ein paar sehr grundlegende Dinge über das WIE – die Herangehensweise. In diesem Artikel möchte ich dir ein paar Hinweise geben. 

Mindset - das Wie ist oft entscheidender als das Was

Ich hab im Laufe meiner Reise nicht nur viele Bücher und Artikel gelesen sondern mir auch vieles notiert. Als ich dann später meine Notizen durchging wurde mir oft klarer wo ich mich verhakt hatte udn worum es eigentlich gegangen war. 

Langer Rede kurzer Sinn: ich denke, ich hab da ein paar grundlegende Dinge gefunden, von denen ich heute sagen würde, dass die mir geholfen haben, nicht aufzugeben und voran zu kommen. Gerade in so herausfordernden Situationen wo es schwierig ist Antworten und Lösungen zu finden und wo man nicht weiß wo man anfangen soll ist es wichtig, wenigstens ein paar Eckpfeiler zu haben, ein Fundament sozusagen.  Und wenn man dies noch nicht hat, es zu pflegen.

Es geht nicht um bestimmte Techniken, Therapien oder Diäten, nein, es geht darum, wie wir an die Dinge herangehen, im englischsprachigen Raum ist dafür auch der Begriff Mindset geprägt worden. Man könnte das mit Geisteshaltung, Mentalität oder Einstellung übersetzen.

Ich möchte also in den ersten Artikeln ein paar dieser Aspekte vorstellen, heute geht es um Mut und Geduld. Schau es dir einfach durch, vielleicht ist ja etwas dabei, das du auch brauchen kannst 🙂

 

Mut

Diese „Zutat“ ist so unscheinbar in mein Leben getreten, dass ich sie beinahe vergessen hätte, sie hier zu erwähnen. Ich hatte den Artikel schon fertig, aber irgend etwas hinderte mich daran, ihn online zu stellen. Und eines Morgens war mir klar – ja, Mut ist wohl das wichtigste. Ich mein, sich auf den Heilungsweg begeben heißt über den Tellerrand zu schauen und ausgetretene Pfade zu verlassen. In meinem Fall hatte es auch viel damit zu tun, mein Leben komplett zu durchleuchten und umzustellen. Ich habe liebgewonnene, aber unheilsame Gewohnheiten aufgeben und stattdessen andere begonnen. Es war ein harter Brocken, aber irgendwann wurde mir klar, dass ich akzeptieren sollte, dass das alte Leben wohl für immer vorbei ist, dass die Zukunft vollkommen ungewiss ist und dass ich nur sehr wenig in der Hand habe. Dem voll und ganz in die Augen zu blicken, das erfordert viel, viel Mut. Vielleicht ist das der Grund, warum dem auch so viele aus dem Weg gehen, warum wir in solchen Situationen dazu neigen endlos zu grübeln, in Angst gefangen sind. Und es hat wohl auch seinen Grund, warum mir das nicht gleich aufgefallen ist- ich selbst war am Anfang alles andere als Mutig. Vielleicht ein wenig widerspenstig. Ich wollte die Diagnosen nicht akzeptieren. Über viele Monate waren Zweifel meine ständigen Begleiter. Also es war überhaupt nicht so, dass ich mutig und tapfer gesagt habe: und jetzt erst recht geh ich meinen Weg.

Nein – es hat ganz, ganz zaghaft angefangen. Als ich über immer mehr Menschen stolperte , die gesund geworden waren, war in mir eher so die Frage: was, wenn sich mein Arzt geirrt hat? Was wenn auch ich genesen kann? Und dann hab ich eben versucht, mich Schritt für Schritt zu informieren, Dinge auszuprobieren, von denen andere berichteten, dass sie ihnen geholfen haben. Aber am wichtigsten war für mich, mein Leben zu durchleuchten und mir ganz genau anzusehen, was mir im Grunde schadet und wo ich meine Energiequellen habe.

Mut fängt auch damit an, zu erkennen, dass man zweifelt. Und dann diese Zweifel zulässt und sich klar wird, dass Zweifel zu einem unbekannten Weg dazu gehören.

Also was ich dir einfach mitgeben möchte ist, dir selber auch mal sagen, dass du stolz auf dich sein kannst, dass du so mutig bist, dich auf einen Weg zu begeben, dessen Ausgang völlig ungewiss ist, und dessen Tempo du nicht bestimmen kannst. Darum ist der nächste Punkt so wichtig:  

Geduld

Vermutlich haben Dir gute und weniger gute Freunde diesen Rat schon hunderte Male gegeben und du kannst ihn nicht mehr hören. Also bei mir war es so und nein, ich hatte keine Geduld. Ich wollte mein Leben wieder zurück haben und ich wollte, dass diese miese Zeit so schnell wie möglich vorbei geht. Aber ich muss auch sagen, dass ich das mit der Geduld gründlich missverstanden hatte. Irgendwie dachte ich, ich müsste einfach nur lange genug warten und dann würde sich das alles schon wieder irgendwie einrenken. Und dann habe ich gewartet und gewartet und gar nichts hat sich wieder eingerenkt. Also Geduld ist etwas, das bei mir auch nicht von selber kommt. Passiv über mich ergehen lassen, das konnte ich gut, aber das ist Resignation und keine Geduld. Geduld üben ist nichts passives und ich habe lange gebraucht, um es wirklich zu verstehen, dann auch zu beherzigen und schließlich auch wirklich immer mehr zu praktizieren: Geduldig SEIN

 

Ich meine, ich war ziemlich krank, mein Leben war total eingeschränkt und klar wollte ich nichts wie raus. Und so hab ich mich in alle möglichen Dinge gestürzt und so gut es meine Energien zuließen Bücher und Blogs gewälzt und alle möglichen Praktiken begonnen. Teils war das natürlich gut und notwendig, aber wie so oft kommt es im Leben halt auf die richtige Dosis an. Also im Grunde hab ich mich selbst total unter Druck gesetzt, weil ich so schnell wie möglich gesund werden wollte.  

Dieses „so schnell wie möglich gesund werden wollen“ hat nach meiner Erfahrung aber nicht nur einen Haken sondern gleich zwei:

  • das erste ist, die Lebensfreude bleibt total auf der Strecke und im Grunde macht man sich nur Stress. Beides ist nicht sonderlich hilfreich, um seinen Körper und seinen Geist in einen ruhigen, heilsamen Zustand zu bringen.

  • Das zweite ist, dass diese Herangehensweise eine Menge Ängste erzeugt – die Angst die Dinge nicht richtig und nicht gut genug zu machen, zu wenig zu machen, zu viel zu machen, sich ständig kontrollieren und überwachen zu müssen etc

Und wenn es mir mal nicht so gut ging und ich die Sachen nicht machen konnte, von denen ich meinte sie unbedingt tun zu müssen, um gesund zu werden, dann löste das enorme Ängste in mir aus. Und wenn nicht das, dann Frust und Wut. Auch alles Dinge, die im Grunde nicht hilfreich sind.

 

Ich habe irgendwo mal ein Zitat gehört, das sinngemäß lautet: „In meinem Kopf ist ein ganzes Parlament und nur selten sind die Akteure einer Meinung.“ Ja, wie dieser youtube Beitrag von Karen Faith zeigt, ist es offenbar völlig normal, mehrere Stimmen in seinem Kopf zu haben -aber die wenigsten reden so offen drüber 🙂  

Berichte wie dieses Video haben mir dabei geholfen, jeder meiner inneren Stimmen mein Gehör zu schenken und nicht mehr sofort dagegen anzukämpfen. Der ängstlich, negativen genau so wie der freudvollen und zuversichtlichen Stimme. Ich hab das zu Beginn nicht so klar gesehen, aber irgendwann hab ich begonnen, mich sozusagen selbst liebevoll und mitfühlend an der Hand zu nehmen und mir gut zuzureden.

Ich mein – die Situation war wie sie war und mit mir schimpfen und ungeduldig sein, hat nichts,aber auch gar nichts dran geändert. Es hat nur dazu geführt, dass ich mich schlecht gefühlt habe. Was mir da geholfen hat war mir vorzustellen, wie ich einem lieben Freund oder einem Kind zureden würde.

„Wie hättest du gerne, dass die anderen mit dir reden und dich behandeln? Es ist sehr tröstlich, selbst mit sich so umzugehen.“

Also wenn ich von Geduld rede, dann mein ich damit nicht Geduld im Sinne von resignieren oder gar in die Opferhaltung gehen wie es so verbreitet ist in dem Sager „da kann man halt nichts machen“. Ich meine damit mitfühlende Geduld mit den eigenen Zuständen und vor allem Geduld mit den Wiedersprüchen in sich, mit seinen Erwartungen und seinen Wünschen.
Wenn ich so drüber nachdenke, hat Geduld sehr viel mit Selbstliebe zu tun. Etwas, das ich auch nicht unbedingt gelernt habe. Aber das ist ein Thema auf das ich an anderer Stelle noch eingehen möchte. Vor allem wenn es Rückschläge gegeben hat, war Geduld etwas, das ich erst nach und nach lernen konnte.

Ich hoffe, es waren ein paar Anregungen für dich dabei. Im nächsten Beitrag möchte ich mich mehr dem Thema Pacing und Enstpannung widmen.

Falls du Fragen hast, kannst du dich gerne mit dem Kontaktformular an mich wenden, ich werde mich bemühen in einem der nächsten Blogs auf diese einzugehen. Ich bitte aber um Verständnis, dass ich keine Beratungen oder ähnliches mache.

Foto von Sammie Chaffin auf Unsplash

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